Man könnte natürlich in bewährt pessimistischer Art fragen – welcher Sommer eigentlich? Aber das fragt man sich ja fast jedes Jahr, also kann es kein so untypischer gewesen sein. Nichtsdestotrotz hat sich dieses letzte Wochenende im meteorologischen Sommer von seiner besten Seite präsentiert:
Bei diesen Wetteraussichten (immerhin 15°!) stand zumindest mir der Sinn nach frühherbstlicher Küche. Wobei mir der Herbst ja eh die liebste Jahreszeit ist… Insofern könnte man mir natürlich unterstellen, nur auf eine passende Ausrede gewartet zu haben. 😉 Wie auch immer. Zeit für geschmortes Rind mit viel Rotwein und Pilzen!
Letztes Jahr – ach du meine Güte, das war schon 2011 – ging, nachdem Julie&Julia im Fernsehen lief, eine Welle Bœuf Bourguignon durch die einschlägigen Kochblogs. Zeit, mal wieder so etwas zu kochen! Und wenn das Wetter schon… Kurze Literaturrecherche: Hier die deutsche Übersetzung des Rezepts aus Julia Childs Kochbuch. Wolfgangs Version ist zwischen Bocuse und Julia. Und Heike hat mehr Gemüse. Überall ein paar Anregungen dabei, et voilà – Bœuf Bourguignon ma façon:
Zutaten
- 250 g Speck, geräuchert (ich habe Schwarzwälder genommen)
- 1300 g Rindfleisch, Schulter oder Wade
- 100 g Sellerie
- 100 g Karotten
- 130 g Pastinaken, oder Petersilienwurzeln
- 450 g Champignons, klein
- 300 g Zwiebeln, klein oder Schalotten
- Mehl
- 30 ml Cognac
- Pfeffer
- Salz
- Olivenöl
- 2 TL Tomatenmark, gehäuft
- Portwein
- 1 Flasche Rotwein, Burgunder
- 1 l Rinderbrühe
- 2 Zehen Knoblauch
- 1 Lorbeerblatt
- 3 Zweige Thymian
- Butterschmalz
- 2 EL Butter
- 250 ml Rotwein
- 1 Stück Schokolade, bitter
- 1 TL Balsamico
Zubereitung
1. Den Speck entrinden und würfeln, das Fleisch in 5 cm Würfel schneiden.
Karotten, Sellerie, Pastinaken, 5 Champignons, Knoblauch, und 2 Zwiebeln würfeln. |
2. Den Speck samt Rinde 3 min blanchieren und abtrocknen. In einen großen Schmortopf geben und bei niedriger Hitze auslassen. Dann bei mittlerer Hitze anbraten. Heraus nehmen.
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3. Das Fleisch in mehreren Portionen im Fett anbraten.
Alles Fleisch und den Speck in den Topf geben, mit Mehl bestäuben und anrösten. Mit dem Cognac übergießen und anzünden. Wenn die Flammen verloschen sind, mit Salz und Pfeffer würzen und aus dem Topf nehmen. |
4. Den Topfboden säubern, wenn nötig etwas Olivenöl hinein geben.
Das gewürfelte Gemüse in den Topf geben und anbraten. Tomatenmark dazu und zusammen Farbe nehmen lassen. |
5. Mit 100 ml Portwein ablöschen und komplett einreduzieren.
2/3 des Rotweins nach und nach dazu geben und einreduzieren. Fleisch und Speck samt Rinde wieder in den Topf geben, Lorbeerblatt, Thymian und Salz und Pfeffer dazu. Restlichen Wein, einen Schuss Portwein und die Brühe darüber und zum Sieden bringen. Zugedeckt auf kleinster Hitze min. 3 h schmoren lassen. |
6. Die restlichen Champignons je nach Größe Vierteln oder Achteln.
Die restlichen Zwiebeln schälen, die Wurzel abschneiden und in grobe Stücke schneiden. Die Zwiebeln in Butterschmalz anbräunen, dann die Champignons dazu geben und 10 min dünsten. Salzen und Pfeffern und beiseite stellen. |
7. Nach der Schmorzeit das Fleisch heraus nehmen, Rest in ein Sieb geben und passieren. Das Fleisch zu den Champignons geben.
Die Butter in einer Kasserolle aufschäumen und ca. 1 EL Mehl dazu geben. Mit dem Schneebesen kräftig durchrühren. Auf mittlerer Hitze dunkelblond werden lassen. Nach und nach die Sauce dazu geben und kräftig mit dem Schneebesen aufschlagen. Ein Glas Rotwein und einen ordentlichen Schuss Portwein dazu geben und kurz zum Sieden bringen. Die Sauce mit einem kleinen Stück Schokolade, einem TL Balsamico, Salz und Pfeffer abschmecken und zum Rest geben. |
Das liest sich ziemlich umfangreich, ist aber eigentlich ein simples Gericht. Wenige Zutaten, ca. 2 1/2 Stunden reine Arbeitszeit, plus 3-4 Stunden Schmorzeit. Samstag Abend nach dem Abendessen gekocht, Sonntag Mittag nur noch schnell die Nudeln, und entspannt gegessen.
Der Umkehrschluss ist: Wenn wenig Zutaten und Gewürze drin sind, kommt es auf die Qualität umso mehr an! Es steht und fällt mit dem Rind, was irgendwie naheliegend ist oder? Hier war es ein allerfeinstes, gut abgehangenes Stück aus der Schulter. Von der glücklichen Bio-Weide-Kuh. Und damit wird es weder zäh, noch trocken, noch geschmacklos. Eigentlich ganz einfach, oder? Und bitte, 22€ für einen Sonntagsbraten für fünf Personen…
Gleiches gilt für den Wein, immerhin stellt der die Hälfte der Flüssigkeit. In Ermangelung eines Burgunders (der ohne große Schmerzen komplett in den Kochtopf könnte) wurde es eine Cuvée aus der Pfalz. Cabernet-mit-irgendwas (mein Gedächtnis…). Immerhin kam in Schritt 7 ein Glas des Trink-Burgunders an die Sauce. 😉 Und, weil ich gerne Portwein an meinen Saucen habe, auch ordentlich davon.
Der Speck bringt genug eigenes Fett mit, so dass für das Anbraten von Speck und Rind kein zusätzliches nötig ist. So musste die Sauce auch nicht entfettet werden.
Das Flambieren fiel bei mir leider aus, da der Cognac nicht mehr brennen wollte. War das letzte Glas aus der Flasche… Aber Wollen hätte ich schon tun, deswegen bleibt es im Rezept. So kamen die zusätzlichen Röstaromen eben durch längeres Anbraten. Und das Cognac-Aroma ist ja trotzdem drin.
Geschmort hat die ganze Sache knappe 3 Stunden am Abend, und dann noch einmal eine gute Stunde am Morgen. Das anschließende Trennen von Fleisch, Gemüse und Sauce erwies sich als Geschicklichkeitsaufgabe, denn zart bedeutet auch „zerfällt bei Berührung“. 😉
Nachdem die nach dem Schmoren übrige Menge Sauce zu wenig war, um bekannt saucenliebende Mitesser zufrieden zu stellen, musste die Sache wieder etwas verlängert werden. Andererseits war sie so wunderschön eingedickt, dass ich das nicht einfach opfern wollte. Also wurde kurzerhand eine Ehrenrettung der Mehlschwitze angesetzt. Die ist nämlich gar nicht so böse, wie immer behauptet. Man muss es nur richtig machen. Heißt: Nicht zuviel davon (sonst Kleister), und lange genug rösten (sonst Mehlgeschmack). Dann gibt das eine gute Bindung und fällt im Geschmack nicht auf. Danach kann wieder mit Flüssigkeit (=(Port)Wein bei mir) verlängert werden. Apropos Flüssigkeit – ich hatte keinen Rinderfond, also wurde es Gemüsebrühe. Tat der Sache keinerlei Abbruch! Noch ein paar kleine Saucentricks (Schokolade und Balsamico) und gut. Feine Sauce ist es geworden! Und glänzt auch schön. 🙂
Dazu Bandnudeln und einen Spätburgunder vom Bodensee. Danach Kaffee und Grappa. Wetter? Und, wen kümmert’s?
Noch ein Tellerfoto vom fertigen Gericht. So Schmorgerichte sind immer schwierig zu fotografieren. Sicher, man hätte hier mit mehr Styling und ordentlichem Licht noch etwas heraus holen können. Wäre das dem Aufwand des Kochens (klein) und der Stimmung des Sonntags (gut) gerechter geworden? Nö. Eben. Nächstes Mal wieder Hochglanz. 😉
Und ganz zum Schluss noch eine kleine Versöhnung mit dem Sommer. Das war EINE Tomate. Kleiner Tipp, die Platte hat 30×25 cm.
Damit bleibt eigentlich nur noch eines zu sagen: Bon appétit!
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