Bald ist Weihnachten! Um genau zu sein, in 3 Wochen… Falls jemand noch ein paar Ideen für das Weihnachtsmenü sucht, hier wären „ein paar wenige, kleine“. Es war mir, wie immer, eine große Freude ein Teil davon zu sein – das Weihnachtsvorkochen 2013!
Und leider gleich auch zu Beginn die schlechte Nachricht, der Balance wegen. Yin und Yang und so. Vorerst war dies auch das letzte Vorkochen, denn zumindest 2014 wird es keine weiteren Gwex-Events geben. Der Chef legt eine kreative Pause ein, und somit auch diese Kategorie bei den GenussLandschaften. Doch bevor wir gemeinsam unser Glas auf die vergangenen Events erheben, auf zu den diesjährigen vorweihnachtlichen Ereignissen.
Dieses Mal fand sich eine Truppe von 25 Köchen ein, um in (geplanten) 11 Stunden 1 Apéro, 3 Amuses, 10 Gänge und 1 Digestif zu verwirklichen. Als Schlachtfeld wurde erneut der Landgasthof Lahner auserwählt. Marcus, der Küchenchef, schickte nebenbei während der Veranstaltung noch gute 100 Essen an die regulären Gäste des Hauses aus der Küche. Gelernt ist gelernt, da kann auch eine Meute von Hobbyköchen nichts daran ändern.
Nun, wir sollten noch einmal über die geplanten 11 Stunden sprechen… Hier zum Beweis der große Masterplan zu Beginn des Tages (gegen 10:30 ging es los).
Wie man sieht, war der Apéro für 13:00 angedacht, der Digestif um 21:00. Wie soll ich sagen, es kam erstens anders, und zweitens… genau. 😉 Die Uhrzeiten der Fotos sagen: Apéro um 14:45, Digestif um 0:37. Ganz knapp. Dazu muss man wissen: der Zeitplan wurde noch nie im Ansatz eingehalten, gute 3 1/2 Stunden darüber sind allerdings ein Platz auf dem Treppchen. Endgültig auf den Heimweg machte ich mich gegen 2:30 morgens. Aber es lohnte sich. Und wie!
Zum Apéro gab es Springo, eine Spezialität des Hauses – Sekt mit Springkrautsirup, hier zum selber bauen in der Pipette. Springkraut ist ein alter Bekannter vom vorigen Event, und wird auch später noch einmal vorkommen.
Dazu gab es eine in Yufka-Teig eingerollte Paste aus Nüssen, Trockenfrüchten, Ricotta und Gewürzen. Sehr gut, aber eine sehr filigrane Arbeit beim Rollen. Weiter frittierte Udon-Nudeln und Leinsamen-Cracker. Die Leinsamen können nach dem Quellen einfach auf eine Matte aufgestrichen und im Ofen getrocknet werden, das ergibt von selbst einen herzhaften Cracker.
Die Amuses konnte ich erst nach dem Dritten probieren, da sie ja zusammen auf ein Foto sollten. Das gewohnt harte Los des Fotografen. 😉 Das Warten lohnte sich aber allemal, alle drei waren eine wunderbare Einstimmung auf die Dinge, die da kommen sollten. Besonders das Meerrettich-Bällchen mit dem Apfel-Chutney hat mir sehr gut gefallen. Dass es eine Idee und Arbeit des Lehrlings des Landgasthofs war macht es umso besser!
Der Salatgang. Wieder einmal etwas aus der lustigen Bastelabteilung (wie auch an Ostern schon). Nennt sich harmlos „Krautsalat“ mit dem Untertitel „Kraut in Texturen“. Ich zähle einfach mal die Komponenten auf, die sich auf dem Teller befinden:
Blumenkohl „klassisch“, Blumenkohl-Asche, confierte Blumenkohl-Stängel, Sauerkrautsaft-Gel, Grünkohl-Sphären, Kimchi vom Blaukraut, Rosenkohlblätter, frittiertes Sauerkraut, Krautsprossen, eingelegter Senfkohl, Romanesco-Mousseline, Birnenkraut-Tuiles, Rapsblüten.
Der Teller ist einer meiner Favoriten dieses Events, einfach ein Kunstwerk und immer wieder schön anzusehen. Ein weiterer, sehr gelungener, Versuch im „organischen Anrichten“. Und natürlich nichts, was zuhause und für wenige Portionen praktisch durchführbar ist. Aber zum Beweis, dass wirklich ALLE Teller so angerichtet wurden, nicht nur meiner, hier weitere 27 Teller:
Zwei Komponenten des Salats sind allerdings auf jeden Fall für sich nachkochenswert: Kimchi vom Blaukraut und Romanesco-Mousseline.
Womit wir bei der Suppe wären. Fränkische Hochzeitssuppe ist ein Klassiker in der Region. Dies hier ist allerdings schon eine sehr edle Variante davon: Taubenconsommé, Markklösschen, Kräuterpfannkuchen, Trüffel-Eierstich, Safran-Grieß-Klößchen. Daher auch die Taubenbrust im Amuse, denn verwertet wird alles. Taubenconsommé ist eine wirklich feine Suppe, der ganze Gang macht seinem Namen alle Ehre – einer Hochzeit würdig.
Die zweite Übung im Anrichten, der erste Zwischengang. Kommt ebenfalls eher harmlos als „Kürbis und Pilze“ daher, und besteht aus:
Kürbis sous-vide, Kürbis-Mikrowellen-Brot, frittierter Spaghetti-Kürbis, Kürbis-Tuiles
Enoki, Mischpilze, Morchel-Crème, Totentrompeten-Jus
Kürbiskernöl
Wundervolle Farben, mehr Herbst als Weihnachten. Aber für November durchaus passend. Sehr erdig und zurückhaltend im Geschmack, mehr ein Ausruhen vor dem nächsten Höhepunkt. Aber so war es wohl auch gedacht.
Zwischengang Nr. 2 brachte eine Crépinette vom Feldhasen, also eine Wurstmasse, die in ein Schweinenetz gefüllt und heraus gebraten wird. Zusammen mit der Röstzwiebelcrème (!) schon deutlich mehr Umami. Die Lasagne bestand aus einer Maronencrème, die zwischen hauchdünnen Sellerie-Scheiben geschichtet war. Feine Sache.
Der Fischgang, eines DER Highlights für mich. Aus zwei Gründen: Der Saibling war von allerfeinster Qualität, so frisch wie es nur irgendwie geht, und butterzart (weil sous-vide gegart). Genau so muss Fisch sein.
Und zweitens: Das grüne Curry. Die Currypaste wurde frisch selbst hergestellt, dann mit Kokosmilch, Gemüse und Gewürzen ein Curry gekocht, und alles zusammen mit Kräutern und Nüssen angerichtet.
Auch wenn ich mich wiederhole – GRANDIOS!
Das übliche Sorbet zwischen Fisch und Fleisch wird langsam langweilig, deswegen gab es auch dieses Mal etwas anderes. Aus Meerrettich- und grünem Apfelsaft einen Shot, und Quitten mit Rhabarbersaft auf dem Löffel. Beides soll den Magen aufräumen und den Geschmackssinn klären. Mir war der Shot zu heftig, die Wirkung war wirklich durchschlagend. Allgemein fand er aber großen Anklang. Außer bei den armen Leuten, die den Meerrettich entsafteten. Die hätten sich eine Gasmaske gewünscht und haben einige Taschentücher verbraucht. 😉
Sandelholz gab es schon öfter zum Fleisch, so auch hier. Aber nicht irgendein Fleisch, ein Roastbeef vom Wagyū. Ich gestehe, dieses Stück hat mich noch nicht davon überzeugt, den stolzen Preis für dieses Fleisch zu bezahlen… Das mag an vielerlei liegen, und es wird bestimmt noch einmal eine Chance bekommen. 😉 Das Gericht als solches war aber sehr gut, die anderen Komponenten waren perfekte Begleiter, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen und vom edlen Steak abzulenken. Allerdings möchte ich an dieser Stelle noch auf die mühevoll tournierten Rüben hinweisen, die auch optisch das Niveau des Gangs vermitteln. (Kleiner Insider 😉 )
Der Käsegang ist ein weiterer Anwärter auf meinen Favoriten als schönster Teller. Eigentlich ist ja nicht viel drauf, aber er gefällt mir trotzdem unheimlich.
Und wieder etwas gelernt – man kann Vogelbeeren nicht nur zu Schnaps brennen, sondern auch einfach essen. 😉 Und sie sind sogar richtig gut (und gesund sagt Wikipedia).
Zwischen Fleisch oder Käse und dem Dessert zwängt sich in letzter Zeit häufig gerne ein Pre-Dessert, das den Übergang von herzhaft zu süß etwas weniger abrupt gestalten soll. Hier wurde Gemüse süß serviert, und die guten alten Topinambur hatten ihren zweiten und letzten Auftritt bei diesem Event. Liebstöckel-Eis – klingt zuerst einmal komisch. Man nennt Liebstöckel nicht umsonst Maggi-Kraut… Es schmeckt aber tatsächlich.
Dieser Gang wäre, wie an Ostern das Dessert, beinahe völlig baden gegangen. Diesmal waren die Batterien voll, aber der Funkauslöser eines Blitzes hatte einen Wackelkontakt. Da kann ich mich lange fragen, warum die rechte Hälfte des Bildes so dunkel ist! Und währenddessen schmilzt leise das Eis… Am Ende hat es gerade noch rechtzeitig geklappt.
Das Dessert. Ein Quell großen Spaßes während des Kochens. Es lässt sich nunmal nicht leugnen, dass Farbe des Sorbets und Form der Windbeutel diverse Assoziationen wecken, die zwar nichts am Tisch zu suchen haben, bei einer lustigen Truppe von Köchen aber sehr schnell ausgebreitet werden. 😉 Aber lassen wir das, der Geschmack war nämlich über alle Zweifel erhaben. Vor allem die süße Curry-Crème lädt zur Nachahmung ein (Sahne, Honig, Quark, Crème double und Curry). Von der Crème brûlée hätte ich mir etwas mehr Pfeffer erwartet, sie schmeckte doch recht wie eine normale. Finger Limes sind übrigens auch sehr lustige Dinger, geschmacklich irgendwo zwischen Limetten und Grapefruits angesiedelt, und aus lauter kleinen „Kaviar“-Kügelchen bestehend.
Schließlich war auch dieses Menü zu Ende, es folgte der Digestif. Dazu gab es Macarons, die während des Events von der Freundin des Küchenchefs in unglaublicher Kleinarbeit gebastelt wurden. Die Sorten, welche dem Anspruch der Events in keiner Weise nachstanden:
Gelb – Griebenschmalz, mit Vanille und Hickory geräuchert
Orange – Süßkartoffel-Butterkaramell
Rot – Schwarze Ganache mit Ingwer-Chili
Blau – Weiße Ganache mit Kokos & Hibiskus
Grün – Vollmilch-Ganache mit Lebkuchengewürz und Pfeffernusskrümeln
Auch wenn eigentlich nichts mehr ging nach all den Gängen, davon verschwanden noch einige in den Teilnehmern.
Und damit endet der Reigen für mindestens dieses und nächstes Jahr. Deswegen an dieser Stelle ein Toast auf den Organisator, verrückte Ideen-haber, Chef, Küchenspringer, Ameisenhaufen-zusammen-halter und Namensgeber der Gwex-Events. Vielen vielen Dank für alles, lieber Manfred! Es war mir jederzeit ein großes Vergnügen mit dir, und hoffentlich auch mal wieder. 😉
Und wer die vorherigen Events noch nicht gesehen hat (wie konnte denn das passieren?), los!
Ostervorkochen 2013
Weihnachtsvorkochen 2012
Die ersten 4 Gwex-Vorkochen-Events
Bei den Danksagungen fehlt noch ein wichtiger Punkt.
Danke lieber Chris, dass du immer, es sei denn es gibt Eis 😉 , dein Essen kalt gegessen hast.
Und das „nur“ um uns mit diesen wunderschönen Fotos zu erfreuen.
Schönen 1.Advent
LG Neri
Vielen Dank Chris
für deinen Bericht, der in Wort ebenso schön ist, wie in deinen supertollen Fotos!
Ganz sicher wird es wieder was geben wo wir zusammen „arbeiten“ können, wenn nicht unter diesem Namen, dann eben bei neuen Projekten. Zumindest eins davon kennst du je bereits in den Grundzügen.
Und in der Zwischenzeit gehen wir eben essen, Hauptsache wir pflegen das gemeinsame kulinarische Interesse!
Manfred/Gwex