Alle (halbe) Jahre wieder, ruft der Gwexhauskoch!
Diesmal folgten ihm 25 Köche, insgesamt belagerten sich also 27 Leute im Küchenstudio um jedes freie Stück. Die Bilanz des Tages kann sich sehen lassen: 1 Apéro, 4 Amuses und 12 Gänge, sowie Pralinen und Digestif. Zwischendurch kam die Küche durchaus an ihre Kapazitätsgrenzen, aber am Ende — nach 13 Stunden — war es wieder einmal ein sehr gelungener Tag mit ausgezeichnetem Essen.
Zum Apéro gab es Prosecco und diverse Knabbersachen. Die Ziegenkäse-Sablés (die aus Einkaufsgründen vom Schaf waren) waren zusammen mit den Salzstangen mein Highlight. Karamell-Mandeln gehen immer, aber mit gepopptem Dinkel und Hirsebällchen werde ich außerhalb von Müsli wohl nicht mehr warm.
Irgendwo habe ich im Vorlauf dieses Amuses das Wort „mildes Curry“ aufgeschnappt. Für thailändische Zungen ist das möglicherweise so, aber für meine waren die Kartoffeln ordentlich scharf. Glücklicherweise liegen die Gänge immer weit genug auseinander, so dass sich das Feuer gelegt hatte bis der nächste kam.
Ein Ceviche ist roher, mit Zitrussaft marinierter Fisch mit Zwiebeln, Chili und Gewürzen. Hier war es geräucherter Saibling, was sehr gut gepasst hat.
Hihi. Dieses Amuse hat interessante Reaktionen hervor gerufen. Schon beim Putzen des Ingreischs, aber auch später beim Essen und vor allem als den nicht-Franken verraten wurde, was Ingreisch bedeutet: Karpfen-Hoden. 😉
Im Suppengang gab es Taubenbrust, deshalb wurde aus den Innereien und den Karkassen ein Ragout gekocht. Ganz im Sinne der vollständigen Verwertung eines Tieres. Rosenkohl als Espuma passt wunderbar dazu und dürfte auch Rosenkohl-Verweigerern gefallen. Die Haferflocken hätte ich jetzt nicht unbedingt dazu gebraucht.
Gemischter Wintersalat im Schiffchen: Entenbrust, Birne, Granatapfel, Radicchio, diverse Kerne und Sprossen, und ein sehr gutes Dressing.
Rote Bete-Suppe ist immer gut, Orange passt ausgezeichnet dazu. Hier gab es also die oben angekündigte Taubenbrust. Ein schönes Süppchen.
Das Thema des ersten Zwischengangs war „Erde“ und „Sauer-Gemüse“. Die Petersilienwurzelcrème war säuerlich gemacht, die Kräuterseitlinge und schwarzen Walnüsse sauer eingelegt. Ein feiner Zwischengang und eine schöne Überleitung von der Suppe, die auch erdig-säuerlich war.
Tatsch-Nudeln sind eine oberfränkische Spezialität, haben wir gelernt. Ein Glück dass auch Gwex sie erst seit kurzem kennt. 😉 Das sind Schupfnudeln, die noch einmal in Buttermilch in den Ofen kommen. Schupfnudeln mag ich sowieso gerne, die Buttermilch macht sie noch feiner. Dieses Curry war tatsächlich mild, dafür umso aromatischer!
Der dritte und letzte Zwischengang war definitiv das optische Highlight. Selleriepüree und paniertes, getrüffeltes Sellerieschnitzel aus der Knolle, frittierter Blatt-Sellerie und Staudensellerie-Salat. Dazu karamellisierte Walnüsse und eine grandiose Mandarinenjus — die nur aus Mandarinensaft, Zucker, Salz und Pfeffer bestand!
Beim Foto ließen wir es Trüffel schneien, passend zum Weihnachtsmenü. 🙂
Und so sah das Ganze nach dem Foto aus, ich nenne es „Sellerie-Landschaften nach Trüffel-Regen“. Und da ich beim letzten Event über das harte Fotografendasein geklagt habe: Leider musste natürlich auch dieses Gericht gegessen und der Spiegel wieder gesäubert werden. Von Beileidsbekundungen bitte ich abzusehen…
Zeit für die Hauptgänge, beginnend mit dem Fisch. Diesmal St. Pierre oder Petersfisch, ein toller Fisch. Panierte und frittierte Schwarzwurzeln gab es in zwei Varianten. Die Paniermehl-Variante ist hübscher, aber Panko schmeckt besser.
Nach dem Fisch ist vor dem Fleisch, also Sorbet. Oder so ähnlich. Die Minze kam gut heraus, die Yuzu leider nicht so sehr. Schade, denn von der asiatischen Zitrone kann man eigentlich nicht genug haben. Platz und Geschmack für den Fleischgang hat es aber trotzdem geschaffen.
Wollschweine oder Mangalica-Schweine sind nicht nur hübsch anzusehen und Streichelzoo-tauglich, sie schmecken auch gut. 😉 Wobei auf den Beuteln mit dem Fleisch Duroc-Schwein stand, weswegen ich jetzt etwas verwirrt bin, was es tatsächlich gab…
Auch Grünkohl kann gut sein, wie vieles ist sein Ruf hauptsächlich der Zubereitung geschuldet. Das Highlight dieses Gangs waren allerdings die Kerbelrüben, die ein tolles, leicht süßliches, cremiges Püree ergeben. Allerdings sind sie schwer zu bekommen und waren eine der teuersten Zutaten des Tages!
Mit dem Arrangement des Tellers bin ich nicht so zufrieden, er fällt im Vergleich zu vielen anderen des Tages etwas ab. Aber gut, dafür konnten wir uns beim Anrichten der anderen Gänge umso mehr austoben.
Ziebeleskäs mit Bröggerla ist auch wieder eine oberfränkische Spezialität, die man hier auf jedem Bierkeller bekommt. In diesem Fall war der Käs von der Ziege, und die Bröggerla wurden aus einem eigens gebackenen Brioche gebraten. Sonst wäre es ja langweilig. 😉 Die Hefezopf-Croûtons dort und diese hier sind beides spannende Variationen zum Thema Bröggerla.
Das Pre-Dessert ist sozusagen der Zwischengang, der nach den Hauptgängen kommt. Hier gab es wieder einmal Foie gras, Gänsestopfleber. Man halte davon, was man mag, diese hier ging jedenfalls etwas unter den sonstigen Zutaten unter. Lakritzschaum und -kirschen sind allerdings merkenswert!
Ein „modernes Müsli“. Will meinen, die Zutaten sind teils karamellisiert, teils warm, und die Milch kommt als warmer Schaum daher. Fällt eigentlich gar nicht auf, dass es ein spontan improvisierter Gang war, da die Zutaten für das vorgesehene zweite Pre-Dessert nicht den Weg ins Küchenstudio gefunden hatten. Man merkt den Profi (wörtlich, siehe weiter unten) am Werk!
Nach soviel Vorspiel nun endlich das Dessert! Wer sich über den Rhabarber wundert: Saft hat auch im Winter Saison. 😉 Ansonsten hatte es alles zur Erlangung der Glückseligkeit — Schokolade, Nüsse, Nuss-Eis, tropische Früchte (die wirklich reif und gut waren)… Herz, was willst du mehr zum Abschluss?
Natürlich: Pralinen und Digestif! Danach war aber wirklich Schluss, mehr wäre beim besten Willen nicht mehr gegangen, trotz der Verteilung über bestimmt 10 Stunden.
Entdeckung des Tages beim Schnaps: Steinpilz-Geist. Ja, genau. Riecht und schmeckt wie er heißt, mal etwas ganz anderes.
Zum Abschluss möchte ich noch ein Wort des Dankes an die drei Profis los werden, die den Tag durch ihre Anwesenheit sehr bereichert haben. Alle drei kommen aus der gehobenen Gastronomie und das hat man vor allem beim Anrichten gesehen. Wir hatten zusammen eine Menge Spaß beim Arrangieren der Fototeller bzw. auf dem Spiegel, und ich habe auch wieder ein paar Tricks fürs schöne Anrichten gelernt. Unabhängig davon ist es immer wieder aufs Neue beeindruckend, was eine jedes Mal neu zusammen gewürfelte Truppe an Hobbyköchen unter Gwex’scher Führung auf die Beine stellt, trotz Platznot und diverser unvorhergesehener Widrigkeiten!
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