Neues Jahr, neues Event! Diesmal Ende Februar, was einerseits noch nicht Frühling, andererseits nicht mehr so richtig Winter ist (zumindest 2016…). Also eben ein Nachwinterevent. Und sogar mit Bericht nach einer Woche, quasi noch frisch. 😉
Mit 20 Köchen würde ich mal sagen im Rahmen des Üblichen. Es war auch dieses Mal wieder ein Profi zu Gast, der spontan einen weiteren Gang eingefügt hat. So kamen am Ende ein Apéro, 2 Amuses (direkt wenig!), 12 Gänge, und zum Schluss herzhafte Sablés statt Pralinen auf den Tisch. Neben des erwähnten zusätzlichen Zwischengangs wurde auch ein weiterer Break eingeschmuggelt, doch dazu später.
Heute werde ich mich mal nicht über den Zeitplan auslassen, denn der wurde dank 1 1/2 Tagen Vorbereitung nicht nur eingehalten, sondern zeitweise sogar übertroffen. Am Ende kam der letzte Gang zwar 2 1/2 Stunden später als auf dem Whiteboard geplant, aber das war auch gut so. Zwischendurch kamen die Gänge so schnell hintereinander, dass ich zwei Gänge im Rückstau war und mit dem Anrichten und Fotografieren nicht hinterher kam. 😯 Von Essen reden wir mal nicht, das ist ja das harte Los des Fotografen. 😉
Stattdessen war DIE Neuerung dieses Events eine große Anrichte mit Chafing Dishes und Wärmelampen. Das schafft nicht nur deutlich mehr Platz zum Teller Anrichten als in der Küche, es sorgt auch für warmes Essen. Und der Fotograf kann sich seine Teller zwischen parken, um auch nach dem Foto noch ein warmes Essen zu bekommen. 😎
Nachdem die Brote beim letzten Mal so gut ankamen, gab es auch dieses Mal zum Apéro wieder etwas selbst gebackenes. Die „Oreos“ waren fränkisches Gewürzbrot mit einer geräucherten Karpfen-Crème und Meerrettich. Die Steinpilznote im Mikrowellen-Brot war genial, allerdings war die Miso-Schicht ein bisschen dick. Immerhin weiß jetzt jeder, wie Miso schmeckt. 😉 Die Krapfen waren aus Brandteig gefertigt und im Backofen gebacken (nicht frittiert). Zusammen mit der fermentierten Knoblauch-Crème mein Highlight beim Apéro. Auch wenn ich scheinbar zielsicher die Krapfen mit der wenigsten Füllung heraus gegriffen hatte…
Das erste Amuse kam auf leisen Pfoten daher, manchen war es wohl zu dezent. Aber es soll ja auch nicht gleich die maximale Intensität gleich zu Beginn vorgelegt werden… Außerdem ist weiße Bohnen-Crème immer eine Sünde wert!
Das zweite Amuse sollte eigentlich eine Kaninchensülze werden. Mangels Kaninchen eben vom Kalb, was der Sache aber keinen Abbruch tat. Ein feines Sülzchen, und ich bin kein Sülzen-Fan! Die Brezen-Croûtons hätten etwas deftiger sein dürfen, aber siehe erstes Amuse. Und für die nicht-Einheimischen: Musik ist Zwiebel, Essig und Öl. 😉
Diese Consommé double war wahrhaftig konzentriert, so viel Krustentiergeschmack ist selten in der Suppe. Leider ging es schon einen Tick ins Bittere. Dafür hätte der Grissino noch ein bisschen mehr Alge vertragen. Hm, klingt heute so negativ, dabei ist das alles wirklich Jammern auf allerhöchstem Niveau!
Pferd, heute mal roh als Carpaccio. Die Gesamtkomposition machte sich wirklich gut mit der cremigen Avocado, der frischen Säure in den Essigperlen, und dem obligatorischen Trüffel oben drauf.
Der erste eingeschmuggelte Gang. Eine kurz mit 800° abgeflämmte Jakobsmuschel, etwas Gemüse und viel Haselnuss. Die Haselnüsse waren geröstet und aus dem Piemont. Sehr edel, sehr intensiv, sehr fein! Das Haselnussöl hat das Ganze dann noch eingerahmt und abgerundet. So schnell gemacht, und so fein!
Eine Polenta aus Farina bona, geröstetem Maismehl. Oh ja, sehr fein! Oder, um einen aufgeschnappten Satz vom Event zu zitieren: „So muss vegetarisch sein!“. Nicht, dass wir nicht schon ein vegetarisches Menü gehabt hätten (und 2017 wohl auch wieder eines haben werden!). Und in jedem Menü sind doch so einige vegetarische Gänge dabei. Aber trotzdem: So schmeckt’s, garantiert. Definitiv ein Anwärter auf das Gesamt-Highlight für dieses Menü.
Der zweite eingeschmuggelte Gang. Über die Bezeichnung der Hauptzutat kann man länglich diskutieren, Sharab (persisch und arabisch) kann Wein, Sirup oder Getränk im allgemeinen bedeuten. Shrub ist im Englischen u.a. die Bezeichnung für einen Cocktail aus dem 18./19. Jahrhundert und eines Trinkessigs auf Fruchtbasis, der für diesen Cocktail hergestellt wurde. Hier geht es um genau das, einen Erdbeer-Essig-Sirup. Aus diesem wurde einmal Gelee und einmal Granité. Die Mandelmilch war eine sehr gelungene Beigabe, denn das Granité kratzte schon ziemlich im Hals muss ich sagen. Etwas verdünnt wäre mir wahrscheinlich lieber gewesen.
Beim vierten und letzten Zwischengang gab es Zweierlei vom Fasan. Ein schöner Gang, wenn auch das Petersilienwurzel-Tatar nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Die Quarkwürfel waren sehr interessant, sie erinnerten mich sehr an Paneer. Ob das Absicht war, weiß ich nicht, aber egal – ich liebe Paneer!
Für den Fischgang wurde Saibling in Bienenwachs gegart. Dazu packt man die Filetstücke auf ein tiefes Blech und übergießt sie mit dem heißen Wachs. Beim Erkalten gart dann der Fisch durch. Sobald das Wachs wieder fest ist, kann man (versuchen), die Filets aus dem durchaus hübschen Mosaik zu entfernen. Mit etwas Hilfe durch eine Lötlampe ging das dann auch gut. Das Spannende an dieser Garmethode ist nicht der Geschmack (der Fisch schmeckt nicht nach dem Wachs), sondern die Sanftheit. Sooo saftig, sooo zart, sooo fein!
Nach dem Fisch ist es natürlich Zeit für einen weiteren Break. Wie schon bei früheren Events gab es hier nicht nur Saures, sondern auch Bittertöne. Das räumt den Magen und den Geschmack viel besser auf als das obligatorische Zitronensorbet. Diesmal also Enzian. Das Sorbet deutlich bitter, der Shot sehr fruchtig. Es wurde ein Enzian-Blutorangen-Sirup verwendet, der mit etwas Wasser und Kohlensäure zum Shot wurde. Der Sirup ist einfach grandios!
Bevor wir zum Fleischgang schreiten, muss ich noch eine Höllenmaschine vorstellen. Der Beefer ist ein Propangas-betriebener Grill mit über 800° Oberhitze, der z.B. Jakobsmuscheln abflämmt (s.o.) oder eben Rindfleisch gart. Und dabei den Raum einnebelt… Dass so eine heiße Flamme ordentlich Röstaromen erzeugt, ist einleuchtend. Trotzdem hat sich mir persönlich der wirkliche Nutzen noch nicht so richtig erschlossen, mit anderweitig gegartem und dann mit der Lötlampe behandeltem Fleisch gefällt mir das Ergebnis sogar besser. Aber jeder Geschmack ist anders!
Txogitxu ist ein baskischer Erzeuger von hochwertigem (und hochpreisigem) Rindfleisch. Sie suchen gezielt alte (8-16 Jahre) Kühe aus, deren Fleisch von markanten, dicken Fettsträngen durchzogen ist. Das wird trocken am Knochen gereift und dann in verschiedenen Zuschnitten verkauft. Diese Oma-Kuh war um die 12 Jahre alt und wurde auf zwei Arten zubereitet. Einmal sous vide langsam und lange gegart, und einmal unter den Beefer gegeben. Die dünne Scheibe auf den Bildern ist aus dem Wasserbad, die dicke aus dem Beefer. Was zunächst auffällt, ist, dass die sous vide gegarte Scheibe wesentlich zarter ist. Das ge-Beefer-te Stück hat deutlich mehr Biss – und ist leider schon etwas in Richtung angekohlt… Die Meinungen gingen auseinander, je nach Vorliebe für Zartheit oder Biss. Meine liegt eindeutig bei Zartheit, mit dem anderen Stück wurde ich nicht glücklich.
Dazu gab es u.a. (selbstverständlich handgemachte) Pommes frites, ein sehr gut passendes Mandel-Knoblauch-Mus, und ein würziges Chimichurri.
Ich gestehe, ich hatte keine guten Erwartungen zu Sellerie-Eis… Aber Probieren geht über Studieren, und es war wirklich sehr gut! Durchaus merkens- und nachahmenswert. Pumpernickel-Pulver habe ich selbst auch schon einmal gemacht, und es knirschte leider auch hier etwas zwischen den Zähnen…
Dafür konnte man beim Anrichten des Pre-Desserts erfahrene Experten bei der Arbeit beobachten. Mit Profi-Werkzeugen. Selbstverständlich ist das Können beim Ziehen der Lines auf langjährige Küchen-Erfahrung zurück zu führen. Was denn sonst??
Ist etwa schon Weihnachten? Wie die Zeit vergeht… Wobei der Bratapfel hier so dekonstruiert wurde (die Gewürze waren einzeln in Komponenten verarbeitet, die Crème brûlée schmeckte nur nach Apfel), dass das Dessert tatsächlich auch im (fast) März funktioniert. Das Zimt-Eis hätte für mich noch etwas mehr Zucker haben dürfen, es war sehr puristisch ausgelegt. Aber im Zusammenspiel auf jeden Fall ein tolles Dessert!
Und nun, meine Damen und Herren, ein Choc Shock! Death by Chocolate. Chocoholic’s Delight. Ein Traum! Über das Innenleben der Knusper-Kugel unterhalten wir uns gleich noch. Aber auch die restlichen Komponenten – ein Brownie mit Ganache-Glasur, ein Eiskonfekt, karamellisierte weiße Schokolade, … 😯 Ich bin ja bekennender Schokoholiker, was soll ich noch sagen.
Die helle und die dunkle Seite der Macht beim zweiten Dessert. Die eine Hälfte der Kugeln war mit Earl Grey-Mousse (au chocolat) und einem Sternanis-Trüffel gefüllt. Und die andere Hälfte mit einer Espresso-Mousse und einem Kardamom-Trüffel. Und die Kugel selbst bestand u.a. aus zerkleinerten Schoko-Keksen für den Knusper. Wundert noch jemanden, dass das Rezept für dieses Dessert mehr Seiten hatte als die Hälfte der vorherigen Gänge zusammen? 😀
Und weil es so schön war – der Teller nochmal mit geöffneter Kugel:
Damit endet nun auch dieses Menü, zum Abschied gab es Sablés (mürbe Kekse) mit Roquefort und Rosmarin. Leider kann ich dazu nichts sagen, denn ich habe keine mehr geschafft. Doppelte Portionen bei den vorherigen Gängen und so…
Es war wirklich wieder einmal ein tolles Menü! Schon beim Lesen vor dem Event freute ich mich auf jeden Gang. Normalerweise sind immer einige dabei, die mir beim Lesen nicht so zusagen. Und es war keine Enttäuschung, durch die Bank hat es sehr viel Spaß gemacht. Es waren diesmal sogar einige alte Dauergäste nicht dabei. Kein Topinambur, z.B., ohne die bisher noch kein Wintermenü auskam. 😉
Und nun entschuldigt mich bitte – ich muss Brownies backen…
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